Traunstein eröffnet bundesweites Aktionswochenende “KIDICAL MASS” mit Rekordteilnahme bei Radldemo
Unter dem Motto “Kinder aufs Rad!” -“Platz da für die nächste Generation!” kamen am Samstag, 19.9.2020, 200 Radler*innen zur “KIDICAL MASS” in Traunstein. Bei bestem Wetter und mit ebenso guter Laune, demonstrierten sie für sichere Radwege für Kinder und Jugendliche.
“Überwältigend”, so fasst Dr. Patrick Nepper vom Traunstein Bicycle Club die Atmosphäre zusammen und fügt hinzu: “Familien aus dem gesamten Gemeindegebiet, mit zahlreichen Kindern aller Altersgruppen, haben heute gezeigt, dass die Forderung nach einem lückenlosen, komfortablen und vor allem sicheren Radwegenetz einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung findet. Wir wollen dass sich unsere Kinder sicher und selbständig mit dem Radl in Traunstein bewegen können”. Laut Dr. Nepper sei diesem aber nicht so. Insbesondere auf viel befahrenen Straßen wie der Wasserburger Straße, der Rosenheimer Straße oder der Herzog-Friedrich-Straße, würden sich Eltern nicht trauen ihre Kinder mit dem Fahrrad fahren zu lassen und fahren sie lieber mit dem Auto.
Die Radldemo für Kinder und Jugendliche findet an diesem Wochenende in insgesamt 108 Städten und Gemeinden statt. “Traunstein war als erste Stadt gleich um 10 Uhr dran, und hat das bundesweite Aktionswochenende gleich mit einem Teilnehmerrekord eröffnet.”, sagt Dr. Nepper in seiner Rede und ist sichtlich stolz, dass sich seit dem letzten “Slow Roll” des Clubs die Teilnehmerzahl mehr als verdoppelt hat.
Nils Bödeker, einer der Initiatoren des Traunstein Bicycle Club, sprach in seiner Rede über den Pop-up Radweg an der Ludwigstraße: “Wir hätten uns die Gestaltung anders vorgestellt. Aber: Obwohl der Weg mit seinen Warnbaken mehr nach Baustelle ausschaut als nach Fahrradweg, wird er bereits jetzt rege genutzt”. Bödeker fügt hinzu, dass beim letzten Elternabend an der Ludwig-Thoma-Grundschule die Radlständer “brechend voll” gewesen wären und es allseits sehr positive Rückmeldungen für den Pop-up Radweg gäbe.
Claudia Lahr, Elternbeiratsvorsitzende an der Ludwig-Thoma-Grundschule, pflichtet ihm in Ihrer Rede bei: “Aus meiner Sicht geht es weniger darum, ob diese vorübergehende Maßnahme baulich gut gelöst ist oder nicht, denn sie wird am 25.9. sowieso wieder entfernt. Es geht vielmehr darum das Bewusstsein zu schärfen, dass in der Stadt der Raum zwischen den Gebäuden begrenzt ist. Man wird den wenigen Platz einfach gerechter aufteilen müssen, als das bislang geschieht. Damit sich alle Verkehrsteilnehmer einigermaßen sicher im Straßenverkehr bewegen können.” Lahr fügt hinzu, dass Traunstein eine Schulstadt mit mehreren tausend Schülern sei. Nach der vierten Klasse, sollten diese Kinder auch selbständig zu den weiterführenden Schulen in Traunstein kommen können. Aber mit dem Fahrrad hieße das dann oft: Ausweichen auf den Gehweg, wo der Platz am Morgen eng wird, und sich Radler und zu Fuß gehende Grundschüler in die Quere kommen.
Auf dieses Thema sprach auch Dagmar Haid, Sprecherin des ADFC Traunstein, an: “Eltern mit kleinen Kindern dürfen ihre Kinder auf dem Gehweg radelnd begleiten. Das wissen die wenigsten. Aber wenn wir Radler auch in anderen Situationen immer auf den Gehweg ausweichen, werden wir nicht als vollwertige Verkehrsteilnehmende wahrgenommen – und es kommt zu unnötigen Konflikten mit Fußgängern.” Besonders am Herzen liegt Haid der ADFC Fahrradklima Test, den jeder – nicht nur ADFC Mitglieder – online unter https://fahrradklima-test.adfc.de/ in wenigen Minuten ausfüllen kann. “Mit dieser Umfrage”, so Haid, “können wir auf einfache Weise mitteilen, wie zufrieden wir mit den Radwegen in Traunstein sind, und was sich verbessern kann. Auch die Politik sollte das Ergebnis aufnehmen”.
“Den Vorschlag des Verkehrsreferenten, einen Bürgerdialog zu Verkehrsthemen zu starten, begrüßen wir vom Traunstein Bicycle Club ausdrücklich”, sagt Bödeker. Am Besten bringe man alle an einen Tisch um nach Lösungen zu suchen, die den Verkehrsraum gerechter aufteilen, so Bödeker.
Das Thema Sicherheit stand bei dieser Veranstaltung natürlich in mehrerlei Hinsicht im Fokus. “Gleich vorne weg, ein riesen Dankeschön an die Polizei, die uns heute umfangreich unterstützt, und mithilft, dass wir alle eine sichere und reibungslose Kidical Mass durchführen können.”, sagt Versammlungsleiter Ilja Frank gleich zu Beginn. Die Polizei war mit mehreren Kräften vor Ort und sperrte Straßen in der Innenstadt, damit selbst Kinder mit Laufrad sicher teilnehmen konnten. Zum anderen gab es natürlich ein Hygienekonzept mit Mindestabständen, dessen Einhaltung von den zahlreichen Ordnern überwacht wurde.
Der eigentliche Fahrradkorso bewegte sich in mehreren Runden in Schrittgeschwindigkeit zwischen Rosenheimer Straße, Herzog-Friedrich-Straße, Ludwigstraße, Maxstraße und startete und endete im Stadtpark.
Der nächste Slow Roll des Traunstein Bicycle Club findet am Samstag, 17. Oktober um 10 Uhr statt. Startpunkt ist wieder im Stadtpark. Dann aber wieder als fahrender Verband, d.h. die allerkleinsten dürfen dann wieder im Radlanhänger, -sitz, oder Lastenrad Platz nehmen.
“Das war bestimmt nicht die letzte Kidical Mass in Traunstein. Nach diesem Mega-Erfolg, werden wir auch in Zukunft im Aktionsbündnis aktiv bleiben.”, sagt Patrick Nepper.
Fotonachweis: Christian Kleibert
Bildbeschreibung: 200 Teilnehmer*innen radelten bei der “KIDICAL MASS” des Traunstein Bicycle Club durch die Stadt.
Fotonachweis: Dr. Patrick Nepper
Bildbeschreibung: 200 Teilnehmer*innen radelten bei der “KIDICAL MASS” des Traunstein Bicycle Club durch die Stadt.
Über den Traunstein Bicycle Club
Der Traunstein Bicycle Club ist eine Initiative, die im Juni 2019 von Nils Bödeker, Ilja Frank und Dr. Patrick Nepper gegründet wurde. Ziel ist es Traunstein in einen perfekten Raum fürs Radeln zu verwandeln. Der Club trifft sich einmal im Monat mit Gleichgesinnten zu einem “Slow Roll”. Der “Slow Roll” ist inspiriert vom “Detroit Slow Roll”, einem wöchentlichen Radlkorso, der langsam durch Detroit zieht um auf bessere Bedingungen für Radler hinzuweisen. Der Traunstein Bicycle Club ist kein eingetragener Verein und unparteilich.
www.traunstein-bicycle-club.de
Hintergrund Kidical Mass
Die Kidical Mass setzt sich mit ihren bunten Fahrraddemos für kinder- und fahrradfreundliche Städte ein. Die Touren sind für alle von 0 bis 99 Jahre geeignet. Die Polizei sichert die Wege.
Das gemeinsame Wochenende, das in dieser Form erstmalig ist, wurde von der Kidical Mass Köln ins Leben gerufen. Unterstützt und organisiert wird es von ADFC, Campact, Changing Cities, Deutsches Kinderhilfswerk, Greenpeace, RADKOMM, VCD sowie mehr als 150 lokalen und regionalen Vereinen, Organisationen und Initiativen.
Die Kidical Mass wurde 2008 in Oregon, USA ins Leben gerufen. Die ersten deutschen Kidical Mass fanden 2017/2018 in Städten wie Berlin, Darmstadt, Stuttgart und Köln statt. 2019 gab es bereits 30 Kidical Mass in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit teils 700–1.100 Teilnehmenden. Mit dem Aktionswochenende am 19. & 20. September 2020 findet die Kidical Mass zum ersten Mal zeitgleich in ganz Deutschland und darüber hinaus statt.